Dating-Apps sind wohl Fluch und Segen des 21. Jahrhunderts. Fast jeder hasst sie, kaum einer kommt jedoch ohne sie aus. Früher hat man jemanden im Club angesprochen, auf der Straße, an der Bar. Damit meine ich viel, viel früher. Heutzutage ist man zuerst einmal skeptisch, wenn man so auf der Straße angesprochen wird. Ich bin es auf jeden Fall. Aktuell beäuge ich Menschen argwöhnisch, die den vorgegebenen Babyelefanten-Abstand nicht einhalten. Zudem rechne ich grundlegend damit, dass erst ein dummer Spruch kommt. Als großer, schwuler Mann, der wohl etwas aus der Masse heraussticht, sind die blöden Zurufe in der Öffentlichkeit meist häufiger als ein freundlich anmutender Flirt. Damit greife ich auch auf die Technologie zurück, um mich in eine gefühlte Sicherheitsblase zu begeben. In meiner Community scheint mir die Auswahl an Dating-Apps für Homos etwas größer und diverser zu sein. Und irgendwie geht es dann doch wieder nur um das eine.
Tinder – eine der Dating-Apps für Homos
In der Hetero-Welt ist Tinder der Klassiker und wird wohl auch von den meisten genutzt. Ich nutze die App erst seit kurzem im Alphabet Mafia Modus. Nette Bilder mit #GanzSchönVielFilter, spannende und komplett leere Biografien verlinkt mit privat gestellten Instagram-Accounts. Wenn man Glück hat, steht in der Bio wenigstens noch irgendein Anhaltspunkt, auf den man bei der ersten Nachricht Bezug nehmen kann. Bei „Hallo, wie geht es dir?“ bin ich nur noch die basic bitch. Die will keiner und man wird sofort aussortiert. Was ich noch nicht ganz verstehe, sind die Personen, die mit mir matchen, nicht schreiben und dann wieder zu löschen. Ist da der Usus alle Notifications am Handy anzumachen um sofort reagieren zu können? Aber man will ja auch nicht zu available sein, oder? Das wirkt doch direkt wieder verzweifelt. Das ist ziemlich uncool und man wird entmatcht.
Ich fühle mich insbesondere super, wenn Tinder mich informiert, dass dieser User sehr populär ist und die Wahrscheinlichkeit für ein Match durch ein Superlike erhöht wird. Schön und gut – aber wenn das alle machen, bin ich auch nicht weiter als vorher. Ich tue mir auch mit dem Begriff Superlike schwer. Ein Superlike klingt für mich wie ein Chauvi-Spruch von Dieter Bohlen als Juror während einer seiner diversen Superstar/-Talent-TV-Formate. Das empfinde ich einfach nicht als Kompliment. Ja, ich weiß – damit mach ich mir das Leben nur schwerer, aber es klingt für mich eigenartig. Dann gehe ich lieber zu Edeka und finde alles supergeil. Zusammenfassend überzeugt mich Tinder noch nicht so ganz als eine der Dating-Apps für Homos.
PlanetRomeo – das schwule Einwohnermeldeamt
Es ist wohl DIE Institution im deutschsprachigen Raum. In Europa ist sie wahrscheinlich eine der bekannteren Dating-Apps für Homos. Hier sind ebenfalls bi- und transidente Männer vertreten. Im Unterschied zu Tinder sind die Biografie-Möglichkeiten viel ausgeprägter mit Auswahl-Optionen zu Alter, Größe, Gewicht und bevorzugtem Essen. Sexuelle Vorlieben dürfen da selbstverständlich nicht fehlen. Hier geht es definitiv expliziter zu. Ein Dickpic als Profilfoto – kein Problem auf dieser App. Eine gewisse Fetisch-Vorliebe – super für den ersten Austausch. Die Suche nach einem Date nach Plan steht mittlerweile im Vordergrund. Nette Chats mit dem Ziel sich unbeschwert kennenzulernen werden immer weniger.
Mein persönliches Highlight sind die bilderlosen Diskretionsprofile. Die erste Message von diesen Profilen lautet direkt „Facepic, Bodypic, Dickpic?“. Herzblatt, ich bin nicht das Filetstück im Sonderangebot an der Fleischertheke. Ich verstehe ganze Sätze und suche mir den Käufer ebenfalls aus, der mich haben will. Die basic bitch-Intro „Hallo, wie geht’s?“ ist übrigens eine in meinen Augen tolle Gesprächseröffnung. Mir ist wirklich schleierhaft, was daran so schlimm ist. Soll ich lieber mit schlechten Anmach-Sprüchen wie „Kann ich deine Nummer haben? Ich habe meine verloren.“ anrücken? Dein diskretes Profil gibt nämlich leider nicht mehr her.
Die Königsdisziplin – Grindr
Ach, Grindr. Die App mit oranger Maske auf schwarzem Quadrat als Logo ist die weltweit meist verwendete aller Dating-Apps für Homos. Auch wie bei PlanetRomeo sind bi- und transidente Männer willkommen. Auf Grund seiner genauen Location-Funktion zeigt die App Dating-Potenzial in der direkten Umgebung an. Tinder sagt „unter einem Kilometer“. Grindr gibt mir die Distanz bis zu 50 m genau an. Die Profilgestaltung hier ist weniger komplex als bei PlanetRomeo aber wahrscheinlich immer noch informativer als bei Tinder. Das Ziel bei Grindr ist ein Sexdate in den nächsten Stunden zu arrangieren. Alle weiteren Treffen sind möglich, aber nicht der Hauptgrund, warum man sich auf Grindr umschaut.
Das Spannende an Grindr finde ich, dass oft die gleichen Typen wie auf PlanetRomeo und Tinder unterwegs sind, die sich dort seriös auf der Suche nach einer Beziehung, Freundschaft oder einem Chat befinden. Teilweise wird sogar noch explizit erwähnt, dass Sexdates nicht gewünscht sind und entsprechende Anfragen nicht beantwortet werden. Auf Grindr bekomme ich dann aber die volle Schwanzparade per Foto mitgeschickt und möglichen Vorschlägen wann es am besten passt. Ich mein, jeder hat Bedürfnisse – versteht mich nicht falsch. Es soll sie auch jeder ausleben. Spaß ist wichtig im Leben. Gerade momentan, wo man fast als Kriegsverbrecher gilt, wenn man sich bewusst zu einem Sexdate verabredet. Aber warum diese Zwiespältigkeit, um nicht fast zu sagen Heuchelei. Steht doch dazu!
Resümee der Dating-Apps für Homos
Jetzt habe ich ein wunderbares Portfolio an Dating-Apps für Homos zur Verfügung. Wirklich weiter bin ich aber auch noch nicht gekommen in meiner Suche nach sozialen Kontakten. Von der großen Liebe will ich da gar nicht sprechen. Die kann man nicht suchen und nicht finden, meiner Meinung nach. Das ist eine Mischung aus Zufall, Schicksal und Arbeit. Neulich habe ich an einem feucht-fröhlichen Abend mit Freunden das Resümee gezogen, dass ich zu garstig bin. Das macht bekanntermaßen wenig attraktiv beim Gegenüber. In diesem Fall erinnere ich mich mal an meinen Neujahrsvorsatz zum Thema Beziehung in 2020 und arbeite mal wieder an mir selbst. Denn jemanden an meiner Seite zu haben, wäre schon irgendwie ganz nett.
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