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Wenn das Klischee Wirklichkeit wird, eine Momentaufnahme!

An der Dating-Front tut sich nicht viel. Ich gebe mir aber auch überhaupt keine Mühe mehr. Im Gegenteil – den Großteil meiner Apps habe ich gelöscht. Denn das Portfolio an Bumspartnern unterscheidet sich nur marginal. Die Auswahl an Matches deckt sich zu 98 %. In den meisten Fällen bekommt man keine Antwort, weil man nicht dem Idealbild entspricht. Dabei spielt die App keine Rolle. Zu einem vernünftigen Date kommt es nicht, weil man „keine Zeit“ hat. Lieber tauschen wir Dickpics aus, klären kurz ein paar Stellungen und treffen uns zu einem lauschigen Quickie während der Mittagspause. Wenn man Glück hat und sich zum dritten Date nach Plan trifft und sonst keine inneren Alarmglocken schrillen, geht man mal zu Starbucks auf einen Iced Coffee. Im Endeffekt wird das Klischee Wirklichkeit. Das will aber auch keiner wahrhaben. Schließlich hassen wir es als Klischee zu leben.

Jammern gilt nicht, wenn das Klischee Wirklichkeit wird!

Auf der anderen Seite mache ich Instagram oder TikTok auf und sehe, wie schwule Männer sich über diese toxischen Standards beschweren. Die optischen Ansprüche steigen von Jahr zu Jahr. Die aktuelle Trenddiät muss mitgemacht werden. Wer nicht fünfmal pro Woche ins Fitnessstudio rennt, braucht gar nicht erst schreiben. Thirsttrap-Fotos auf Instagram sind Pflichtprogramm, unter 20 cm Schwanzlänge muss er zumindest dick sein. Der Arsch muss knackig sein und am besten jungfräulich. Es darf zumindest nicht zu merken sein, dass das nicht der erste Analverkehr im Leben ist. Interessanterweise beschweren sich vor allem die Männer über diese Standards, die all diese Klischees erfüllen. Sie jammern aber darüber, dass niemand an ihrer Persönlichkeit interessiert ist. Mein Tipp: poste doch einfach was dich interessiert anstatt dein 39. Gymselfie, dass dich beim Flexen in der Hantel-Abteilung zeigt. Denn du bist das Klischee, das Wirklichkeit geworden ist.

Diese glorifizierten Fuckboys wundern sich dann aber, wenn sie Gegenwind erhalten. Auf der einen Seite propagieren sie Eiweißpulver mit Rabattcode SCHLUCKSPECHT. Auf der anderen Seite heulen sie rum, dass sie keiner für voll nimmt. Am besten planen wir noch einen kleinen Skandal, werden dafür hart gecancelt, laden ein verheultes „ich bin doch auch nur ein Mensch“-YouTube-Video hoch und alles ist wieder in Butter. Entschuldigung, fettfreiem Diätaufstrich. Solange wir als Community diesen unfassbar toxischen Müll an Content konsumieren, wird sich allerdings nichts ändern. Und bevor jetzt die Parade „nicht alle schwulen Männer sind so“ bei mir Halt macht: danke, das weiß ich. Trotzdem machen alle mit und lassen das Klischee Wirklichkeit werden. Diejenigen, die es nicht tun, werden in den allermeisten Fällen gemobbt oder sonst in irgendeiner Form gedisst. Pauschal gesagt dürfen sie froh sein, wenn man ihnen auf einer Dating-App schreibt.

Ich bin müde – unfassbar müde!

Denn eines ist sicher. Was Frauen an Bodyshaming im Leben mitmachen dürfen, ist nur das Ein-Mal-Eins für Anfänger in der schwulen Community. Damit wird das Klischee rasend schnell zur Wirklichkeit. Das Ganze wird dann auf der Suche nach dem Lunch-Quickie als Präferenz verkauft mit No fat, no femme, no Asian! Die Unterschrift ist gerne sorry, ich steh einfach nicht drauf. In den äußerst seltenen Fällten, dass mir so ein Typ schreibt, antworte ich nur noch: sorry, ich steh nicht auf Arschlöcher. Ich bin es leid so einen Müll in einem Datingprofil lesen zu müssen. Schreib doch deine Präferenzen in einer positiven Version rein. Es liest sich allemal besser, wenn dort steht: Ich treibe es am liebsten mit mir selbst. Damit wirst du genauso als Arschloch erkannt, aber wenigstens bist du ein ehrliches Arschloch. Den Hang zur Selbstverliebtheit erkenne ich sowieso am kopflosen Torsobild.

Im Endeffekt finde ich es unglaublich schade, dass sich eine Community so auf Klischees beschränkt. Nach außen hin kämpfen wir für Toleranz und Akzeptanz in der Gesellschaft. Innerhalb zerfleischen wir uns gegenseitig. Der Deckmantel der Präferenz erscheint mir in den meisten Fällen nur eine traurige Ausrede zu sein. Es scheint für mich eher mangelndes Selbstbewusstsein zu sein, das mit selbstverliebten Traumbildern kaschiert wird. Mir ist bewusst, dass ich damit selbst ein Klischee Wirklichkeit lassen werde: das vom miesgelaunten Eigenbrötler! Zumindest ist das aber eine Rolle, in der ich mich für den Moment wohl fühle. Und wer weiß: vielleicht mutiere ich auch irgendwann zum toxischen Fuckboy. Vielleicht eher zum Sugardaddy – denn mit Mitte 30 erscheint mir ein Fuckboy-Dasein nicht sonderlich erstrebenswert.


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Ich, Joachim, bin ein Repräsentant der LGBTQ+ Community. Ich falle unter den Buchstaben G. Also, kurz gesagt: ich bin schwul! Damit kann ich aus einem ganz speziellen Blickwinkel über das Zusammenleben von Frauen und Männern berichten. Oder besser gesagt, warum es oftmals nicht so klappt.Neben dieser Sichtweise berichte ich auch über das Dating-Leben aus meiner Welt.