Eine Dating-App hat sich heutzutage ganz besonders etabliert. Die Arbeitskollegen haben sie, die Bekannten schwärmen davon und die besten Freunde schwören sogar darauf. Selbst die kleine Schwester meines Nachbarn ist bereits fleißig am „Swipen“ und „Matchen„. Nach diesen Begriffen erahnt vermutlich jeder, wovon ich spreche. Auch ich konnte nicht die Finger von dieser berüchtigten App mit dem Flammen-Logo lassen. Hier ist es also, mein erstes Mal: Tinder.
Alles klar, los gehts – anmelden, Bilder hochladen und noch schnell einen kurzen Text über mich verfassen. Der Wahnsinn, so schnell hatte ich also die Chance auf meine große Liebe. Aufgeregt fing ich an loszuwischen: rechts, links, links, links, rechts – wie in einem Katalog schaute ich nach den schönsten Stücken, Zeit für ein „Superlike„!
Die ersten Tage war ich fasziniert von der Einfachheit des „Partner-Shoppings“ im Supermarktprinzip und jedes neue Match war aufregend für mich. Ein gewisser Ego-Boost in einer tristen Single-Welt. Irgendwo zwischen den lustigen Sprüchen, den eigenartigen Bildern und interessanten Gesprächen hatte ich jedoch immer das Gefühl, die Menschen, die hier zu finden sind, haben aus gutem Grund keinen Partner. Ohne hierbei abwertend klingen zu wollen, aber einige meiner Chat-Partnerinnen hatten Eigenschaften, die ich zum Teil auch als etwas verstörend empfand.
Egal! Dachte ich mir – Als Single tut es einem ja ganz gut, ein wenig Aufmerksamkeit zu bekommen. Die goldschimmernde Anzahl der noch offenen Likes weckte ein „Casino-Feeling“ in mir. Freundliche, hübsche Frauen lächelten mir zu und ich war eindeutig bereit den Jackpot abzuräumen. Alles schien hier perfekt zu sein, hier bin ich richtig! Vollkommen motiviert wischte ich mich also die ersten Wochen durch die endlose App. Ich studierte jedes Profil einzeln, ich wollte ja eigentlich auch die „Richtige“ finden, bemerkte jedoch, dass ich schlichtweg nach der besten Ausschau hielt. Immer wenn ich auf andere Tinder-Nutzer stieß, beobachtete ich jedoch ein eher lockeres Verhalten. Egal ob beim Anstehen an der Kasse oder in der Bahn, überall wo Zeit war, wurde eben mal schnell „getindert“. Ich war wohl zu akribisch, also hieß es auch für mich schnell: liken, matchen, chatten und wieder von vorne…
Tinder-Dates sind „State of the Art“
Seit ich in einer Großstadt wie Hamburg lebe, wurde ich bei Gesprächen des Öfteren schief angeschaut, wenn ich mich als Tinder-Virgin geoutet habe. Gefühlt hatte jeder außer mir schon mindestens 3 Dates, 5 One-Night-Stands und einen Ex-Partner aus dieser Wunder-App. Also sagten mir alle, ich muss fix ran an den Speck!
Da ich kein Freund von diesen klischeehaften Treffen mit „Date-Charakter“ bin, war ich anfangs mehr als unsicher, ob ich überhaupt jemanden Fremdes aus dem Internet treffen wollte. Aber irgendwie musste ich ja einen Weg finden, diese Personen kennenzulernen. Nach einiger Zeit hatte mich überwunden und wollte dem Ganzen eine Chance geben. Kurz um, ich habe ein Match nach einem Date gefragt. Wir hatten ja auch schon eine Weile geschrieben, sie war ganz hübsch und machte einen netten Eindruck. Der erste Schritt in Richtung Real-Life war nun: weg von Tinder und rüber zu Whatsapp.
Sind denn alle verrückt?
Wenn ich mich recht erinnere, dauerte es nur 48 Stunden bis zu unserer ersten Meinungsverschiedenheit. Als waschechter Kerl hatte ich mich natürlich unbewusst falsch ausgedrückt, woraufhin sie mich unverzüglich aus Ihrer Kontaktliste geworfen hatte. In meiner anfänglichen Motivation entschuldigte ich mich und schwups, tauchte nun im Chat auch ihr Profilbild wieder auf. Einige sehr gute Gespräche später, wiederholte sich dieser Fall zum zweiten Mal. Ich wusste zwar, hier scheint jemand nicht so ganz rundzulaufen, aber ich hatte mich extra zu einem Treffen durchgerungen und wollte sie daher trotzdem kennenlernen. Viele Missverständnisse entstehen ja auch nur auf Grund von Kurznachrichten, weshalb wir nach dem ersten Vorfall bereits bewusst auf Sprachnachrichten umgestellt hatten….
Mein erstes Mal: Tinder
Ich versuche die meiste Zeit nicht nachtragend zu sein und ich wollte trotz der eigenartigen Vorkommnisse meiner Online-Bekanntschaft auch eine faire Chance geben. Da ich gerne Essen gehe und es klischeehaft genug für ein Date ist, schlug ich einen klassischen Abend im Restaurant vor. Sie schrieb mir kurz vor unserer Verabredung noch, dass sie sich verspäten wird. Kein Problem, doch sie kam garnicht…
Für mich war es zum Glück kein großer Verlust, da ich in vielen Fällen alleine Essen gehe und es an diesem Abend sowieso getan hätte. Sie entschuldigte sich aufgrund familiärer Umstände, die ich ihr im Übrigen auch glaube. Das war es also, mein erstes Online-Date – alleine, sitzengelassen im Restaurant. Also doch kein Tinder mehr…
Frauen sind ja keine Frauen, wenn sie nicht doch wieder innerhalb von 5 Minuten alles durcheinanderbringen. Mein Date rief mich etwas später am Abend an, entschuldigte sich und erzählte mir alle Details. Sie wollte sich trotz der Umstände dennoch mit mir treffen. Ich rechne ihr diesen Schritt hoch an, dennoch wurde die ganze Situation hierdurch erst richtig verzwickt.
Auf ihre Frage, ob Sie noch zu mir kommen könne, stimmte ich trotz meiner durchschnittlichen Motivation zu. Sie kam diesmal auch. Ich wartete vor dem Haus und hatte mit ein wenig Smalltalk gerechnet. Stattdessen erschlug sie mich im dritten Satz bereits mit: „Wollen wir reingehen?!“ – Ähh, innerlich ging mir das Ganze doch etwas zu fix, aber gut, dann eben ab aufs Sofa. An alles, woran ich mich erinnern kann, ist das Glas Wasser, dass ich ihr angeboten hatte, worauf prompt ihr zweiter direkter Satz folgte. Sinnbildlich sagte sie mir, dass sie noch keinen Schlafplatz für diesen Abend hätte. – Alles klar dachte ich mir, entweder du fragst mich direkt, ob du bei mir schlafen kannst oder eben auch nicht. Um ehrlich zu sein, kenne ich sie ja nicht wirklich und war aufgrund der Umstände auch nicht so richtig motiviert auf ihre Anspielung einzusteigen.
Ein Fehler?
Oder eben auch nicht, wie ich es auch heute noch denke. Denn alles, was ich von ihr nach dieser Situation noch gesehen hatte, war, wie sie einen Schluck von ihrem Wasser nahm und mit den Worten: „Ich sollte jetzt besser gehen“ wieder durch die Tür verschwand. – Verrückt?! Was war das denn?
Ich brachte sie noch zu ihrem Auto, wonach wir an den folgenden Tagen keine wirkliche Kommunikation mehr hatten. Kurz nach unserem Date konnte ich mich jedoch schon für sie freuen. Ihren sozialen Profilen nach hatte sie schnell einen neuen Partner gefunden.
Positiv gestimmt, lasse ich mich auch danach wieder von den lächelnden und freundlichen Damen auf den Fotos bezirzen. Zu meinem Glück verliefen die anschließenden Dates etwas „normaler“, aber irgendwie eben auch nicht wirklich mit Erfolg. – Aber das ist eine andere Geschichte…
Für heute sage ich daher: „Bye bye, erstes Tinder-Date“ und „Hallo neue Tinderella.“
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